Kognitive Umstrukturierung: Denkmuster ändern bei Panikattacken
Die folgenden Informationen sollen Ihnen helfen, die körperlichen und psychischen Symptome einer Panikattacke so zu bewerten, dass Sie sich nicht mehr davor fürchten und den Teufelskreis der Angst nicht unnötig aufschaukeln.
Ihre Panik wird um so geringer, je mehr Sie Ihre Angst vor einer Panikattacke verlieren.
Erstellen Sie eine Tabelle mit drei Spalten.
Führen Sie
- in der linken Spalte die Symptomatik an (z.B. Herzrasen),
- in der mittleren Spalte Ihre momentane Bewertung („Gleich bekomme ich einen Herzinfarkt“),
- in der rechten Spalte die aufgrund der folgenden Informationen gewonnene Neubewertung der Symptomatik (z.B. „Herzrasen kommt von meiner Angst und macht mir Angst, bewirkt aber keinen Herzinfarkt“).
In der Verhaltenstherapie spricht man von "Kognitiver Umstrukturierung".
Sie können bei Angst keinen Herzinfarkt bekommen
Die Hauptangst bei einer Panikattacke ist die Furcht vor einem Herzinfarkt und dem plötzlichen Tod.
Angst ist eine Stressreaktion; sie beschleunigt durch die Ausschüttung der Stresshormone den Herzschlag, erhöht die Pumpleistung des Herzens und erweitert die Herzkranzgefäße. Dies führt zu einer Blutkreislaufsteigerung.
Das Blut wird bis zu fünfmal schneller durch den Körper gepumpt, stark mit Sauerstoff und Nährstoffen (besonders Zucker) angereichert und zu den Skelettmuskeln transportiert, um den Körper auf Kampf oder Flucht vorzubereiten.
Der Puls kann von durchschnittlich 70 Schlägen auf 180 und mehr pro Minute ansteigen, das Schlagvolumen des Herzens (Blutauswurf der linken Herzkammer in den Körper) kann sich verdoppeln.
Das rasche Umschalten auf Beschleunigung oder Verlangsamung des Herzschlags führt oft zu einer vorübergehenden, völlig ungefährlichen Rhythmusstörung.
Bei akuter Angst schlägt das Herz plötzlich schneller, bei rascher Beruhigung macht es einen „Aussetzer“ zur Verlangsamung.
Starke Angst kann auch eine psychisch bedingte Verkrampfung der Herzkranzgefäße bewirken, die trotz ihrer Dramatik unbedenklich ist.
Es kommt aufgrund der verminderten Durchblutung und unzureichenden Sauerstoffzufuhr zum Herzen zu starken Schmerzen im Brustbereich und damit zu ähnlichen Zuständen wie bei Angina pectoris.
Herzrasen bei körperlicher Betätigung kommt jedem normal vor, in Ruhe wird es dagegen gefürchtet, weil es unerklärlich erscheint.
Massives Herzrasen kann allein durch psychische Faktoren (Angst, Ärger, Wut) ausgelöst werden.
Wie beängstigend Sie Ihr Herzrasen und Herzklopfen auch immer erleben, Sie können dadurch keinen Herzinfarkt bekommen.
Das Herz ist kein Elektromotor, der zusammenbricht, wenn er überdreht wird. Ein Herzinfarkt entsteht durch einen Verschluss der Herzkranzgefäße (Verstopfung durch einen Thrombus, ein Blutgerinnsel), wodurch das dahinterliegende Gewebe abstirbt.
Ein derartiger Zustand kann durch Herzrasen weder bewirkt noch verhindert werden.
Bei Herzinfarktpatient*innen steht übrigens ein intensiver Brustschmerz im Vordergrund des Erlebens und nicht die Veränderung des Herzrhythmus, wie dies bei Panikpatient*innen der Fall ist.
Sie können durch Angst nicht ohnmächtig werden
Viele Angstpatient*innen fürchten eine plötzliche Ohnmacht. Ohnmacht entsteht durch einen Blutdruckabfall und die dadurch gegebene Sauerstoffunterversorgung des Gehirns.
Bei Angst und Panik steigt jedoch Ihr Blutdruck, sodass Sie dadurch gar nicht ohnmächtig werden können.
Nur eine kleine Gruppe der Angstpatient*innen, nämlich drei Viertel der Menschen mit einer Blut-, Spritzen- oder Verletzungsphobie, sind tatsächlich einmal ohnmächtig geworden.
Die belastende Angstsymptomatik tritt jedoch erst als Folge dieses Erlebnisses auf.
Dasselbe gilt von Menschen, die durch einen Erschöpfungszustand (langes ruhiges Stehen, Nahrungsentzug, Überforderung, Alkohol- oder Drogeneinwirkung u.a.) ohnmächtig wurden.
Sie können bei Angst nicht umfallen
Angst bewirkt eine Anspannung der Skelettmuskulatur und eine vermehrte Energiezufuhr, um bei möglicher Gefahr rasch reagieren zu können.
Häufiger Fehlalarm führt zu ständiger Muskelverspannung.
Die Anspannung der Beine zeigt sich oft in einem unsicheren Stand, was als sogenannter Schwankschwindel erlebt wird.
Die Verspannung der Muskulatur wird dabei dem Gleichgewichtszentrum im Stammhirn rückgemeldet, wo eine Gleichgewichtsstörung registriert wird.
Schwindelgefühle in Verbindung mit der Angst umzufallen gehören zu den lästigsten Angstsymptomen.
Ein attackenartiger oder chronischer Schwindel ist oft der Grund, warum Agoraphobiker nichts mehr alleine unternehmen, und zwar aus Angst umzufallen.
Der Angstschwindel ist ein diffuser Schwindel, häufig erlebt als Benommenheit, Ohnmachtsangst, Unsicherheit beim Stehen und Gehen, Schwanken des Bodens, Schweben wie auf Wolken.
Es handelt sich meistens nicht um einen Drehschwindel, der vom Gleichgewichtsorgan im Innenohr ausgelöst wird, auch nicht um einen Kreislaufschwindel durch niedrigen Blutdruck, sondern um einen Schwankschwindel, ausgelöst durch eine verspannte Schulter-Nacken-Muskulatur und eine Versteifung der Beine aus Angst vor dem Umfallen.
Wie wackelig Sie sich auch immer fühlen mögen – Sie können dabei nicht umfallen.
Sie sollten sich daher bewegen und Ihren Körper entspannen oder ausbalancieren, um eine bessere Standfestigkeit zu erlangen. Genau dies ist letztlich auch das Ziel des Schwindelreizes.
Sie können bei Angst nicht ersticken
Viele Angstpatient*innen befürchten zu ersticken, was durch eine Verkrampfung des Brustkorbs, ein Zuschnüren der Kehle oder eine falsche Atmung hervorgerufen wird.
Die Enge in der Brust ist ein typisches Angstsymptom, bedingt durch eine Anspannung der Brustmuskulatur, und geht oft einher mit einem Druckgefühl in der Gegend des Brustbeins oder herzbezogenen Ängsten.
Bei einer Schreckreaktion verkrampft sich oft der oberste Teil der Speiseröhre, was ein Engegefühl im Hals bewirkt, wie wenn ein Fremdkörper im Rachen stecken würde.
Durch Angstgefühle wird die Atmung schneller und intensiver, um mehr Sauerstoff aufnehmen zu können.
Sauerstoff ist die Verbrennungsenergie des Körpers und ermöglicht alle Stoffwechselvorgänge.
Während gesunde Menschen in Ruhe etwa 14-15 Atemzüge pro Minute aufweisen, findet man bei Menschen mit Angstzuständen oft die doppelte Anzahl.
Die Betroffenen atmen häufig zu viel durch den Mund und entwickeln dadurch eine zu starke Brustatmung.
Die richtige und ruhige Atmung sollte über die Nase und das Zwerchfell („Bauchatmung“) erfolgen.
In Angst- und Paniksituationen wird meist zu rasch und zu flach geatmet.
Der Brustkorb hebt und senkt sich schnell, während die Bauchatmung vernachlässigt wird.
Bei einer derartigen Hyperventilation wird über den Mund zu viel Sauerstoff eingeatmet und zu viel Kohlendioxid ausgeatmet.
Dieses Ungleichgewicht wird noch dadurch verstärkt, dass der aufgenommene Sauerstoff mangels Bewegung nicht in Kohlendioxid umgewandelt wird.
Der Kohlendioxidabfall im Körper führt zu einem Mangel an Kalzium im Blut, was eine Verkrampfung der Muskeln bewirkt.
Die Muskelanspannung verengt die Blutgefäße. Es kommt zu Kribbelempfindungen, Taubheitsgefühlen oder krampfartigen Zuständen in den Lippen, Händen und Füßen sowie zu Druck- und Engegefühlen im Brust- und Halsbereich.
Die Betroffenen haben Angst zu ersticken und hyperventilieren noch stärker, wodurch das Problem verschärft wird.
Des weiteren können noch folgende Symptome auftreten: Herzrasen, Übelkeit, Bauchbeschwerden, Sehstörungen.
Die Hyperventilation bewirkt auch eine Verkrampfung der Blutgefäße im Gehirn, wodurch die Sauerstoffzufuhr zum Gehirn beeinträchtigt wird.
Dies führt zu Schwindel, Ohnmachtsangst, Unwirklichkeitsgefühlen, Konzentrationsstörungen und Denkblockaden, was die Angst verstärkt.
Wenn Sie normal oder verlangsamt atmen, vor allem jedoch wenn Sie sich bewegen, werden alle Hyperventilationssymptome sofort verschwinden.
Sie brauchen weder eine Beruhigungsspritze noch eine Papiertüre vor dem Mund, in die Sie hineinatmen sollen, wie dies oft empfohlen wird, sondern schlicht „einen langen Atem“.
Sie können Ihren Brechreiz beherrschen
Durch Angstgefühle kommt es häufig zu Oberbauchbeschwerden (Appetitlosigkeit, Völlegefühl, Übelkeit, Brechreiz, bedingt durch eine Verspannung des Magens).
Die Furcht vor dem Erbrechen ist der Grund, warum gerade Sozialphobiker jedes Essen in Gesellschaft fürchten (falls sie nicht Angst haben, den Löffel, das Glas oder den Kugelschreiber zittrig zu halten).
Mit jedem Verzicht auf öffentliches Essen verstärken Sie Ihre Angst, dass Sie erbrechen würden.
Sie werden in Angstsituationen trotz zunehmender Übelkeit nicht erbrechen.
Vielleicht hilft Ihnen auch hier die Zwerchfellatmung als gute innere Massage Ihres verspannten Magens oder die beruhigende Hand auf Ihrer Bauchdecke.
Sie können Ihren Harn- oder Stuhldrang unter Kontrolle halten
In der Schreckphase werden die Ausscheidungsorgane aktiviert.
Es kommt zu einem Harn- oder Stuhldrang, erlebt als lästiges Gefühl, „gleich in die Hose zu machen“.
Dies hatte in der Urzeit die Funktion, den Körper im Falle einer Flucht von jedem unnötigen Ballast zu befreien.
Nach einer großen Belastung werden in der Entspannungs- bzw. Erschöpfungssituation ebenfalls die Ausscheidungsorgane aktiviert, was zahlreichen Betroffenen Angst macht, wenn sie keine Toilette in der Nähe wissen.
Lassen Sie sich von Ihrem Körper nicht versklaven, vor allem dann nicht, wenn Sie gerade auf der Toilette waren.
Sie können es lernen, diesen Drang 5-10 Minuten hinauszuschieben, bis er plötzlich verschwunden ist.
Sie können durch Angst nicht verrückt werden
Zahlreiche Panikpatient*innen haben Angst, verrückt zu werden, entweder weil die Gefühle so stark sind oder weil sie zum Schutz vor Überflutung so abgespalten (dissoziiert) sind, dass die Einheit der Person bedroht erscheint.
Viele Panikpatient*innen haben eigentlich „nur“ einen starken Gefühlsstau und befürchten, diesen emotionalen Druck nicht dauerhaft durchstehen zu können.
Sie verwechseln die hohe emotionale Anspannung mit mangelnder Klarheit des Denkens und haben Angst durchzudrehen.
Häufig bestehen eigenartige Entfremdungsgefühle gegenüber sich selbst (Depersonalisation) oder gegenüber der Umwelt (Derealisation).
Diese Erlebnisse treten nicht nur bei Panikattacken, sondern auch bei verschiedenen Schock- und Stresszuständen (z.B. nach einem Unfall oder einer Todesmeldung) auf und haben nicht das Geringste zu tun mit einer beginnenden Schizophrenie.
Vertrauen Sie den Fachleuten: ein „Nervenzusammenbruch“ durch eine Panikattacke führt keinesfalls zu einer Schizophrenie!
Es ist noch nie vorgekommen, dass jemand durch eine Panikattacke geisteskrank geworden ist.
Schizophrenie beginnt ganz langsam, nicht so plötzlich wie eine Panikattacke und von den Betroffenen oft gar nicht richtig erkannt. Schizophrene sind „geistig verwirrt“, Panikpatient*innen sind „emotional verwirrt“, während die Verstandes- und Realitätskontrolle erhalten bleibt.
Sie werden bei Angst keinen Kontrollverlust erleben
Der große innere Druckzustand bei intensiver Angst geht oft einher mit der Befürchtung, die Kontrolle zu verlieren und sich dabei unmöglich zu verhalten, etwa laut zu schreien, herumzuschlagen, jemand zu verletzen oder Dinge kaputt zu machen.
Die Angst, bei einer Panikattacke auf diese Weise „die Nerven zu verlieren“, ist völlig unberechtigt.
Sie werden nicht Amok laufen!
Eine Panikattacke ist ein heftiger Adrenalinstoß zur Aktivierung des Körpers.
Wenn Sie sich dann nicht bewegen, fühlen Sie sich einfach angespannt.
Panikattacken im Schlaf haben nichts mit Albträumen zu tun
Wenn Sie sehr verspannt einschlafen, löst sich Ihre Anspannung erst im Schlaf.
Es kommt dabei zur elektrischen Entladung der Muskulatur, was sich in so heftigem „Reißen“ (Zuckungen) der Extremitäten äußern kann, dass Sie dadurch munter werden, weil Sie diese unbekannten Vorgänge im Schlaf als bedrohlich bewerten.
Tatsächlich hat sich jedoch nichts Gefährliches ereignet, nicht einmal ein Alptraum.
Konstruktive Selbstgespräche
Herzklopfen und Herzrasen
Über eine verstärkte Herz-Kreislauftätigkeit werden bei Furcht und Panik den Skelettmuskeln Sauerstoff und Nährstoffe zugeführt, um den Körper auf Kampf oder Flucht vorzubereiten. Herzrasen wird oft irrtümlich als Anzeichen eines Herzinfarkts interpretiert. Ein Herzinfarkt entsteht jedoch nicht durch Herzrasen, sondern durch einen Verschluss der Herzkranzgefäße.
Sagen Sie sich: „Durch eine Panikattacke kann ich niemals einen Herzinfarkt bekommen. Ich habe bei körperlicher Aktivität schon oft Herzrasen ohne Probleme erlebt. Es ist am besten, wenn ich mich jetzt kräftig bewege und die Erfahrung mache, dass mein Herz gesund ist.“
Herzstolpern und Herzrhythmusstörungen
Extrasystolen, die sich als Herzstolpern bemerkbar machen, sind meist völlig harmlos und Ausdruck von Angst, Aufregung oder Stress. Rasche Umschaltungen auf Beschleunigung oder Verlangsamung der Herztätigkeit vor einer Panikattacke werden von den Betroffenen als sehr unangenehm erlebt. Nach raschen Herzschlägen als Folge einer Erregung macht das Herz anschließend eine kurze Pause, um den normalen Rhythmus wieder herzustellen.
Sagen Sie sich: „Herzrhythmusstörungen vor und während einer Panikattacke sind unangenehm, aber völlig ungefährlich. Es sind laut Arzt nur harmlose Extrasystolen und supraventrikuläre Arhythmien ohne Behandlungsbedürftigkeit. Wenn ich ruhig atme, wird mein Herz bald wieder ruhiger werden.“
Hitzegefühle und Schwitzen
Hitzegefühle und Schwitzen resultieren aus der verstärkten Herz-Kreislauf- und Stoffwechselbeschleunigung. Schwitzen ist ein natürliches Kühlsystem des Körpers, weil der Schweiß auf der Haut verdunstet. Der Angstschweiß ist ein kalter Schweiß, weil der Körper mangels Aktivität noch nicht erhitzt ist, wie dies etwa bei Sport der Fall ist. Viele Menschen fürchten Schwitzen als Zeichen von „Nervenschwäche“ und entwickeln als Folge davon soziale Ängste, unangenehm aufzufallen.
Sagen Sie sich: „Schwitzen während einer Panikattacke ist unangenehm, aber kein Anzeichen für einen Herzinfarkt und auch kein Zeichen für schwache Nerven. Es ist nur die Folge der Herz-Kreislauf-Ankurbelung aufgrund meiner Angst.“
Beklemmungsgefühle und Druck auf der Brust
Gefühle wie Angst, Aufregung oder Wut lösen eine Kampf-Flucht-Reaktion aus und führen zu einer Intensivierung der Atmung, vor allem zu einer übermäßigen Brustatmung. Wenn der vermehrt eingeatmete Sauerstoff mangels Bewegung der Skelettmuskulatur nicht angefordert wird, kommt es zu einem unangenehmen Druck- und Engegefühl in der Brust. Dies geht bei den Betroffenen häufig mit einer Erstickungs- oder Herzinfarktangst einher.
Manche Menschen neigen aus Angst vor dem Ersticken zur Hyperventilation (Überatmung) und verschlimmern dadurch ihre Beschwerden; infolge der fehlenden Bewegung treten nämlich Beklemmungsgefühle und Krampfzustände auf.
Bei zahlreichen Menschen mit Panikattacken bestehen – oft auch in Verbindung mit einer chronischen Schulter-Nacken-Verspannung – unangenehme Druckgefühle und schmerzhafte Verspannungen im Brustbereich, die fälschlicherweise als Anzeichen eines Herzinfarkts interpretiert werden. Diese werden in der Medizin als „linksthorakale“ oder „atypische“ Brustschmerzen bezeichnet.
Sagen Sie sich: „Bei einer Panikattacke kann ich nicht ersticken, auch wenn ich noch so falsch atme. Trotz Beklemmungsgefühlen in der Brust kann ich im Raum bleiben, weil auch andere Menschen genug Luft bekommen. Rhythmische Bewegung, Zwerchfellatmung und verlängerte Ausatmung können meine Beschwerden lindern.“
Schmerzhafte Verspannung
Die Kampf-Flucht-Reaktion führt zu einer verstärkten Durchblutung der großen Muskelgruppen in Armen und Beinen, gleichsam als Vorbereitung auf eine Aktion, die jedoch bei bloßer Angst nicht erfolgt. Chronische Muskelverspannungen führen häufig zu Schmerzen im ganzen Körper, vor allem im Bereich von Schultern, Nacken, Rücken, Kopf, Armen, Beinen, Kiefer, Unterleib und bestimmten inneren Organen.
Verspannungen durch Stress und Überlastung bewirken eine Mangeldurchblutung mit Sauerstoff- und Nährstoffminderversorgung; gleichzeitig wird auch der Abtransport der Stoffwechselprodukte blockiert. Diese Produkte reichern sich im Körper an und reizen die Schmerzfasern. Verspannungsbedingte Missempfindungen werden oft fälschlicherweise als Anzeichen einer Krebserkrankung fehlinterpretiert.
Sagen Sie sich: „Meine Schmerzen bei einer Panikattacke drücken nur meine Verspannung aus, durch Bewegung und Atemübungen wird es mir bald besser gehen.“
Kribbel- und Kältegefühle
Bei einer Kampf-Flucht-Reaktion wird das Blut zu den großen Muskelpartien von Armen und Beinen umgeleitet, sodass Hände, Füße und Haut, aber auch Magen und Gehirn, weniger durchblutet sind und sich dadurch kalt anfühlen. Bei Verletzung wird dadurch der Blutverlust vermindert. Zittern bei Kälte fördert dagegen die Durchblutung. Bei allgemeiner Verspannung werden oft einseitige Kribbelgefühle irrtümlich als Vorboten eines Schlaganfalls gedeutet.
Sagen Sie sich: „Meine Kribbel- und Kältegefühle während einer Panikattacke sind nur Ausdruck meiner muskulären Verspannung ohne Bewegung. Wenn ich mich bewege, wird die Durchblutung gleich besser.“
Zittern
Zittern ist die Folge einer Anspannung der Muskulatur als Vorbereitung auf eine Bewegung, die dann nicht erfolgt. Nervöse Unruhe von Händen und Beinen ist ebenfalls sichtbarer Ausdruck der inneren Anspannung. Zittern der Beine kann zu einer vorübergehenden Gangunsicherheit führen. Die Angst vor einer Parkinson-Erkrankung oder einer Multiplen Sklerose ist völlig unbegründet. Das Zittern der Hände löst häufig die Angst vor sozialer Auffälligkeit aus.
Sagen Sie sich: „Zittern bei einer Panikattacke drückt nur meine Anspannung ohne Bewegung aus und hat nichts mit Nervenschwäche zu tun. Wenn ich mich bewege, geht es mir gleich wieder besser.“
Schwindel
Anhaltende Schwindelgefühle sind oft Ausdruck von Muskelverspannung, vor allem im Schulter-Nacken-Bereich, aber auch in den Beinen, mit der Folge einer Stand- und Gangunsicherheit und einer subjektiven Gleichgewichtsstörung. Diese ist viel seltener als angenommen Folge eines Blutdruckabfalls, der auch mit Schwarzwerden vor den Augen einhergehen würde. Viele Betroffene fürchten bei Schwindel neben einer Ohnmacht auch eine Erkrankung des Kopfes.
Sagen Sie sich: „Mein Schwindel während einer Panikattacke hat nichts mit einer Erkrankung des Kopfes zu tun, bei einer Panikattacke kann ich wegen der Blutdrucksteigerung gar nicht umfallen. Wenn ich mich etwas bewege, statt mich zu schonen, wird es mir bald besser gehen.“
Ohnmachtsgefühle
Die Angst, ohnmächtig zu werden, ohne tatsächlich umzufallen, resultiert aus einem Schwächegefühl in den Beinen („weiche Knie“) oder einem schreckbedingten Blutdruckabfall. Häufig besteht mangels Bewegung ein Blutstau in den Beinen. Der Schwindel ist oft nur anspannungsbedingt. Ein Mittel zur Blutdrucksteigerung ist unnötig.
Sagen Sie sich: „Wenn ich keine Blut-, Spritzen- oder Verletzungsphobie habe, werde ich nicht kollabieren, bei einer Panikattacke schon gar nicht, weil dabei mein Blutdruck steigt. Es ist am besten, wenn ich mich jetzt etwas bewege, statt mich zu schonen.“
Mundtrockenheit
Ein trockener Mund mit beinahe verklebter Kehle ist entweder die Folge einer verstärkten Mundatmung oder Ausdruck einer verminderten Speichelproduktion als Folge der Hemmung der Verdauungsfunktion bei Stress. Ständige Mundtrockenheit ist der Grund, warum viele Betroffene immer mit einem Getränk unterwegs sind.
Sagen Sie sich: „Meine Mundtrockenheit ist unangenehm, aber nur ein Stresszeichen – ähnlich wie bei Menschen vor einem Vortrag. Wenn ich etwas trinke, geht es mir gleich besser.“
Kloßgefühl im Hals
Das Würge- und Fremdkörpergefühl im Hals entsteht durch eine stress- oder schreckbedingte Krampfneigung des obersten Teils der Speiseröhrenmuskulatur. Die Betroffenen haben oft die unbegründete Angst, sie könnten nichts mehr schlucken. Das unangenehme Zuschnüren der Kehle wird auch als Atemnot erlebt, sodass manche Betroffene zur Hyperventilation neigen. Engegefühle im Hals sind häufig auch bedingt durch eine Anspannung der Halsmuskulatur.
Sagen Sie sich: „Das Zuschnüren meiner Kehle während einer Panikattacke ist nur eine Verspannung und völlig ungefährlich. Das merke ich, sobald ich etwas kaue oder schlucke.“
Übelkeit
Übelkeit bei einer Panikattacke resultiert aus einer nervös bedingten Verkrampfung der Magenmuskulatur und einer Minderdurchblutung des Magens als Folge einer Umverteilung des Bluts in die großen Muskeln der Arme und Beine und einer Einschränkung der Verdauungstätigkeit bei Stress. Sie kann auch mit einem plötzlichen Blutdruckabfall nach einer anstrengenden körperlichen Tätigkeit zusammenhängen.
Viele Betroffene haben aufgrund eines leichten Brechreizes Angst, sich zu übergeben und dabei unangenehm aufzufallen, obwohl ihnen das noch nie passiert war.
Sagen Sie sich: „Meine Übelkeit während einer Panikattacke drückt nur eine Verspannung und Minderdurchblutung meines Magens aus. Wenn ich die Bauchatmung einsetze oder etwas Warmes trinke, wird es mir bald besser gehen.“
Harn- oder Stuhldrang
Die Ausscheidungsfunktion macht sich bemerkbar nach längerer körperlicher Anspannung, aber auch in Schrecksituationen – die biologische Funktion ist es, das Gewicht des Körpers vor einer Flucht zu reduzieren.
Sagen Sie sich: „Mein Harn- und Stuhldrang bei einer Panikattacke drückt nur meine Schreckreaktion oder Erschöpfung aus. Er lässt sich stoppen, sobald ich mich bewege, statt in Ruhe zu verharren.“
Sehstörung
Verschwommensehen in der Nähe hängt damit zusammen, dass die Augen auf eine mögliche Gefahr weiter weg fokussiert sind. Ein Tunnelblick führt zur Einengung der Aufmerksamkeit auf eine vermeintliche Gefahr und damit zur Ausblendung der sonstigen Umwelt. Helle Punkte im Blickfeld sind Ausdruck der Erweiterung der Pupillen: Die Verringerung der Tiefenschärfe und der vermehrte Lichteinfall ermöglichen eine bessere Wahrnehmung der Bedrohungssituation bei Gefahren. Viele Betroffene haben oft das Gefühl einer Sehstörung bei Autofahrten und anderen Gelegenheiten.
Sagen Sie sich: „Meine Sehkraft ist völlig in Ordnung, ich bin gerade übersensibel, kann aber dennoch alles erfolgreich erledigen.“
Geräuschübersensibilität
In subjektiven Bedrohungssituationen reagieren neben den Augen auch die Ohren mit einer erhöhten Empfindlichkeit, sodass alle Geräusche zu laut wirken. Es kann aber auch zu einer Verengung der Blutgefäße kommen, die das Ohr versorgen, sodass ein unechter Tinnitus entsteht.
Sagen Sie sich: „Meine Ohren sind völlig in Ordnung, meine Missempfindungen sind nur Folge meiner ängstlichen Angespanntheit.“
Innere Anspannung mit Kontrollverlustängsten
Bei einer Panikattacke besteht ein großer innerer Druckzustand. Die Betroffenen fürchten oft, sie könnten wild um sich schlagen, sich und andere gefährden oder gar Amok laufen.
Sagen Sie sich: „Bei einer Panikattacke fühle ich mich anfangs körperlich und geistig wie gelähmt, doch das ist nur vorübergehend, danach werde ich mich wieder kontrolliert bewegen können, ohne jeden Kontrollverlust.“
Subjektive geistige Beeinträchtigung
Bei einer Panikattacke fürchten manche Betroffene, sie könnten verrückt werden, vor allem wegen des Gefühls der Entfremdung sich selbst (Depersonalisation) oder der Entfremdung der Umwelt gegenüber (Derealisation). Es handelt sich dabei um einen vorübergehenden Schutzmechanismus, um eine Überflutung durch starke Gefühle zu verhindern. Es ist noch nie vorgekommen, dass jemand durch eine Panikattacke geisteskrank geworden ist. Menschen mit Panikattacken sind „nur“ gefühlsmäßig verwirrt.
Sagen Sie sich: „Durch eine Panikattacke fühle ich mich zwar geistig verändert, doch ich bleibe dabei völlig normal, ich stehe nur unter großem emotionalen Druck, der nichts mit einer Geisteskrankheit zu tun hat.“
Denkmuster ändern bei Agoraphobie
Wenn Sie unter einer Agoraphobie leiden, haben Sie Angst vor einer Situation, in der Sie sich körperlich sehr unwohl fühlen und aus der Sie nicht flüchten können und auch keine hilfreiche Unterstützung erfahren.
Ändern Sie Ihre Sichtweise, dann schaut Ihr Problem gleich viel leichter lösbar aus!
Wenn Sie keine Angst mehr vor Ihren körperlichen Reaktionen haben, dann schwindet auch Ihre Angst vor allen möglichen Orten und Situationen.
Weil Sie Ihrem Körper nicht mehr trauen, egal ob Sie eine Panikattacke, Schwindel, Harn- oder Stuhldrang fürchten, haben Sie sich darauf verlegt zu prüfen, wie sicher verschiedene Orte für Sie sind.
Wenn Sie diese Überlegung verstanden und für sich akzeptiert haben, kann es sein, dass Sie eine Agoraphobie im Laufe der Zeit bewältigen können, ohne dass Sie eine stunden- und tagelange Konfrontationstherapie machen müssen.
Denn Sie haben erkannt, dass Ihre körperlichen Reaktionen letztlich die Folge einer überstandenen Belastungssituation sind und nichts zu tun haben mit den früher neutralen Orten, an denen Ihre heftigen Symptome erstmals aufgetreten sind.
Sagen Sie sich: „Wenn ich mich vor mir selbst nicht mehr fürchte, dann fürchte ich mich auch vor verschiedenen Orten und Situationen nicht mehr.“
Fragen Sie sich auch, ob Sie Angst davor haben, wegen Ihrer Symptome aufzufallen und von den anderen als nicht belastbar oder gar als „nervenkrank“ betrachtet zu werden.
Erinnern Sie sich an alle früheren Situationen, in denen Sie sich ohnmächtig, ausgeliefert oder verlassen gefühlt haben und überprüfen Sie, ob Sie Angst davor hatten, wegen Ihrer Symptome bestimmten Situationen sowie anderen Menschen hilflos ausgeliefert zu sein.
Finden Sie heraus, ob Sie sich wegen der vermeintlichen Gefährlichkeit Ihrer körperlichen Symptome fürchten oder weil Sie durch diese auffallen könnten.
Im ersten Fall müssen Sie lernen, mit Ihrem Körper besser umzugehen, im zweiten Fall sollten Sie lernen, von der Meinung anderer Menschen unabhängiger zu werden.
Nicht wenige Agoraphobiker sind auch ohne körperliche Symptome nicht gerne allein. Überprüfen Sie daher, ob Ihre Symptome eine Möglichkeit sind, nicht allein sein zu müssen.
Es kommt also darauf an, Ihre Denkmuster zu erkennen und zu verändern, wie etwa:
- Wenn kein Helfer da ist, wird mir etwas passieren.
- Ich habe zu wenig Vertrauen zu mir, wenn eine unerwartete Situation auftreten sollte.
- Ich möchte keinen unbekannten Menschen ausgeliefert sein, wenn es mir einmal schlecht gehen sollte.
- Wenn eine Panikattacke daherkommt, wird dies gefährlich sein.
- Ich muss meinen Körper immer im Griff haben, sonst könnte er einmal unkontrolliert reagieren.
- Solange ich ständig Schwindel, Übelkeit, Harn- oder Stuhldrang habe, kann ich an keine Aktivitäten teilnehmen, da ich in peinlicher Weise auffallen könnte.
- Ich möchte keinen fremden Ärzten ausgeliefert sein.
- Ich brauche immer einen Fluchtweg, sonst fühle ich mich unwohl, man kann ja nie wissen.
- Ich kann es nicht ertragen, in meiner Bewegungsfreiheit eingeengt zu sein.
- Allein bin ich hilflos.
- Allein fühle ich mich einsam und verlassen.
- Ich kann nichts mit mir anfangen, wenn ich allein unterwegs bin.